Gemeinderat riskiert Schäden für die Stadt
Der Aufschrei der Bürgerlichen war gross, als der Stadtrat Anfang Monat seinen Budgetantrag an den Gemeinderat publizierte. Kritisiert wurden vor allem die geplante Steuerfusserhöhung und das Fehlen eines klar benannten Sparpakets. Weil es ihnen gelang, auch die verunsicherten Mitteparteien hinter sich zu scharen, beantragt nun die Aufsichtskommission Rückweisung des Budgets, allerdings ohne zu benennen, wie das Wunschbudget aussehen soll. Folgt der Gemeinderat diesem Antrag, droht der Stadt für das Jahr 2021 ein budgetloser Zustand und damit eine längere Phase der Ungewissheit. Mit einem Notbudget dürften nur bisherige Verpflichtungen erfüllt und gebundene Ausgaben getätigt werden. Dass dies gerade in der Situation einer massiven zweiten Pandemie-Welle den Stadtrat handlungsunfähig macht und gravierende Schäden für Bevölkerung und das lokale Gewerbe zur Folge haben könnte, wird ausgeblendet:
- Wirtschaftliche Hilfspakete für bedrohte KMU, Kultur- und Gastrobetriebe, wie sie diesen Frühling geschnürt wurden, sind dann nicht mehr möglich.
- Ein Ausgabenstopp trifft das lokale Gewerbe, das mit Aufträgen der Stadt rechnet, besonders hart und verursacht bei vielen Unternehmen Planungsunsicherheit – und dies in einer Zeit, wo sie bereits unter den Corona-Folgen leiden.
- Die Stadtverwaltung kann geplante Projekte nicht in Angriff nehmen, wird so zu ineffizientem Warten gezwungen und muss den Rückstand später wohl mit Überstunden aufholen – dies nicht nur bei Bauprojekten, sondern auch bei Massnahmen, die eine CO2-Reduktion zum Ziel haben.
- Winterthur erleidet einen Vertrauens- und Reputationsschaden, was der Standortattraktivität wahrscheinlich mehr schadet als höhere Steuern mit Aussicht auf Stabilität in den nächsten Jahren.
Die SP kritisiert diese Blindheit in Bezug auf die Folgen einer Budgetrückweisung und ruft alle Parteien auf, diesen inadäquaten Schritt noch einmal gründlich zu hinterfragen. Deshalb reicht sie heute eine dringliche Interpellation ein, mit der am Montag die Auswirkungen eines budgetlosen Zustands auf die Handlungsfähigkeit der Stadt diskutiert werden sollen. Zudem fordert die SP die Parteien auf, die Sachkommissionen nicht an der Aufnahme ihrer Arbeit zu hindern, sich in die Detailberatung des Budgets einzulassen und politische Verantwortung zu übernehmen. Wer die finanzielle Lücke, die massgeblich durch Steuererleichterungen bei den juristischen Personen und durch ausserordentliche Pandemiekosten entstanden ist, nicht durch höhere Einnahmen decken will, muss klar bekennen, auf welche Leistungen die Bevölkerung unserer Stadt künftig verzichten soll. Dafür sind die Mitglieder des Parlaments gewählt und nur so ist es möglich, ein Budget zu verabschieden, das allen dient. Wer nur zurückweist, verweigert den Dialog und entzieht sich dieser Verantwortung.
Auskunftspersonen:
Roland Kappeler, Fraktionspräsident SP Winterthur, rolandkappeler@bluewin.ch, 077 407 50 85
Regula Keller, Mitglied der Aufsichtskommission, regulakeller@bluewin.ch, 079 460 88 54